Freitag, 30. März 2012

5:39 Uhr

Mein Telefon klingelt. Es ist 5:39 Uhr und ich liege noch im Bett. Ein Mann, der seit über 20 Jahren auf der Straße lebt und kein eigenes Bett hat, wird von seinen Verwandten nach Melusi gebracht. Auf dem Weg zur Arbeit bringen sie ihn bei uns vorbei. Er ist unser 16. Resident und damit sind nun alle Betten belegt.
Als wir vor einem Jahr hier ankamen, hatten wir zwischen 7 und 10 Männer, die bei uns wohnten. Seitdem sind es langsam aber sicher immer mehr geworden. In den letzten Wochen hatten wir nie weniger als elf Männer. Und nun sind es 16.
Nicht nur, dass wir im Moment mehr und mehr neue Männer bekommen, sie bleiben auch länger. Dies ist natürlich kein schlechtes Zeichen und zeigt, dass die meisten sich wirklich willkommen und wohl fühlen. Ein Gefühl, was einige von ihnen schon seit Jahren nicht mehr hatten.
Langsam wird es damit aber eng. Ziemlich eng sogar. Und trotzdem werden wir in den nächsten Tagen aus zwei Einzelbetten, Doppelstockbetten bauen, damit wir wirklich jedem, der auf der Suche nach einem Bett ist, eins geben können. Auch 5:39 Uhr am Morgen.

Dienstag, 27. März 2012

Brotzeit

Auch wenn wir aufgrund der WEC-Konferenz die meisten unserer Projekte für diese Woche abgesagt haben, so sind wir doch gestern in einen Township gefahren und haben zumindestens Brot verteilt. Da wir täglich 50 Brote durch einen Supermarkt gespendet bekommen - die wir bei Normalbetrieb locker verbrauchen - hatten wir einiges, was wir ausgeben konnten. Da eine Verteilaktion auf der Straße oft im Chaos endet, sind wir bewusst Familien angefahren, die wir auch sonst regelmäßig mit einem Lebensmittelpaket unterstützen. Aufgrund fehlender Mitarbeiter habe ich [Stephan] dieses Mal Elisa.Joy und Ben.Luca mitgenommen, die mir beim Ausgeben der Brote kräftig geholfen haben.

Sonntag, 25. März 2012

Allein

Es ist ruhig geworden in Melusi - jedenfalls was die Mitarbeiter betrifft. Denn aktuell findet die jährliche Konferenz von WEC Südafrika statt und der Großteil unseres Teams [10 Mitarbeiter] befindet sich daher in Kapstadt. Außer uns ist noch eine andere deutsche Familie hiergeblieben, die gemeinsam mit uns die Stellung hält. Die meisten unserer Programme wurden abgesagt und so beschränkt sich die Arbeit in dieser Woche vor allem auf unsere Residents [obdachlosen Männer] und das HIV/Aids-Care.Centre. Doch man weiß am Anfang einer Woche nie, was wirklich alles so passieren wird und so sind wir mal gespannt, wie wir diese Woche allein managen werden.

Donnerstag, 22. März 2012

Zwei Fließen

Es begann alles mit zwei Fließen. Eigentlich wollten wir noch vor der Geburt von Jo.Ann einige Kleinigkeiten in unserem Haus reparieren lassen. Aber irgendwie kam es immer nicht dazu. Doch am Montag war es endlich soweit und einer unserer Residents kam, um die verschiedenen Dinge in Ordnung zu bringen. Eine seiner Aufgaben war es, in unserem Bad zwei Fließen, die ziemlich locker waren, wieder zu befestigen. 
Er hat es auch probiert, doch leider sind dabei fast alle Fließen dieser Wand abgefallen. Und nach eingängiger Untersuchung haben wir dann entschieden, das Bad komplett neu zu fließen. Das Dumme dabei ist, dieses Bad ist nur durch unser Schlafzimmer zu begehen.
Doch Gott sei Dank haben wir ein großen Haus und sind kurzerhand mit Jo.Ann in unser Gästezimmer umgezogen. Auch haben wir noch ein zweites Bad, welches wir in der Zwischenzeit nutzen können. Doch ganz ehrlich, war es nicht unsere Intention ein paar Tage nach der Geburt eine Großbaustelle in unserem Haus zu haben. Doch auch das werden wir überleben und blicken ganz zuversichtlich in die nächste Zeit.

Montag, 19. März 2012

Vater

Auch wenn wir gerade mit unseren eigenen drei Kindern gut als Eltern gefordert sind, so haben wir doch manchmal das Gefühl, für noch viel mehr Leute "Ersatzeltern" zu sein. Besonders in der Arbeit mit unseren Residents finde ich [Stephan] mich immer wieder in einer Art "Vaterrolle" wieder [ermutigen & zurecht weisen & Aufgaben übertragen & zur Verantwortung ziehen & Rat geben]. Dies ist zum Teil schon komisch, da einige der Männer vom Alter her meine Väter sein könnten. Doch vor allem zu den jüngeren Männern entwickelt sich oft ein wirklich guter Kontakt.


Einer der Männer, zu dem ich dabei eine besondere Beziehung aufbauen konnte, war Gareth [siehe "Alles vorbei mit 25 ?"]. Wie oft habe ich mit ihm geredet, wie oft ihn ermutigt, nicht aufzugeben, wie oft mit ihm gebetet, wie oft versucht, in einer positiven Art auf ihn einzuwirken und vielleicht damit eine Art Ersatzvater für ihn zu sein. Selbst als er zum wiederholten Mal Drogen genommen hat, haben wir ihn nicht einfach fallen gelassen, sondern ihn mit viel Hoffnung in eine christliche Drogen-Rehe geschickt.
Doch schon eine Woche später bekam ich die Nachricht: "Gareth ist heute gegangen" und nur zwei Tage später wurde er wieder in unserer Stadt gesehen. Hier hat er sich schnell einer Straßengang angeschlossen und war wieder mittendrin im Drogengeschäft. Er hat sich dann aufgegeben, kam uns nicht mehr besuchen, hat seine HIV-Medikamente nicht genommen und nur noch für Drogen gelebt. 
Vor wenigen Tagen hat er die Gelegenheit genutzt und ist nach Durban zu seiner Familie zurückgegangen. Seitdem haben wir von ihm nichts gehört - was nicht das beste Zeichen ist. Doch auch wenn er nun für uns von der Bildfläche verschwunden ist, so müssen wir immer wieder an ihn denken und wünschen ihm, dass er vor allem zu dem zurück findet, der wirklich sein Vater ist: GOTT.

Freitag, 16. März 2012

DANKE.

Ein ganz großes DANKESCHÖN an alle, die uns zur Geburt von Jo.Ann gratuliert haben. Es ist für uns überwältigend, wie viele Freunde sich bei uns gemeldet haben und sich mit uns freuen. Dies ist etwas, was wir wirklich schätzen und sehr genießen. DANKE.


Auch wenn Madeleine und Jo.Ann schon am Mittwoch Abend nach Hause kamen, so braucht es doch noch ein wenig Zeit, bis wir alle fünf wirklich in der neuen Familienkonstellation angekommen sind. Elisa.Joy und Ben.Luca sind noch völlig überdreht und können ihr Glück eigentlich auch noch nicht fassen. Jo.Ann ist tagsüber super lieb und "pflegeleicht", doch momentan ein nachtaktives Mädchen, was sich an einen normalen Tag-Nacht Rythmus erst noch gewöhnen muss. Madeleine genießt daher jede Minute, die sie für sich zum Ausruhen hat und ich [Stephan] versuche besonders in diesen ersten Tagen, mir deutlich mehr Zeit für die Kids zu nehmen.

Mittwoch, 14. März 2012

14. März 2012

Ein aufregender Tag liegt hinter uns. Aufregend waren vor allem die ersten Stunden. Gestern Abend haben wir es endlich geschafft, den Namenszug unserer Tochter auf Madeleines Bauch zu "verewigen". 4,5 Stunden später war dann Jo.Ann auch schon geboren. Gerade noch geschafft.
Madeleine hatte gestern am Tag über schon Vorwehen, die sie als solche aber kaum wahrgenommen hat. Als wir dann ins Bett gingen, starteten langsam die richtigen Wehen. 0:45 Uhr sind wir ins nahegelegene Krankenhaus gefahren und 2:19 Uhr durften wir Jo.ann in den Händen halten. Ein echtes Geschenk.
 
 
Die Hebammen waren vor allem zum Schluß etwas überrascht wie schnell es ging. Doch sie wollten ja nicht auf mich hören und dachten ich bin nur ein aufgeregter Vater. Auf alle Fälle haben sie recht spät unseren Doktor gerufen, der erst durch die Stadt kommen mußte. Als er dann da war, hat er nur noch seine Hände ausgestreckt und Jo.Ann entgegengenommen. Das nennt man Timing.
Besonders schön war heute zu sehen, wie begeistert Elisa.Joy und Ben.Luca über ihre kleine Schwester sind. Sie konnten kaum genug bekommen von ihr, auch wenn Ben.Luca geringfügig enttäuscht war, dass sie weder sprechen noch laufen kann. Bei der Gesichtuntersuchung wurde auch festgestellt, dass sie noch gar keine Zähne hat und ihre Augen kaum aufmacht. Aber alles halb so wild, dies wird noch.Jetzt freuen wir uns erst einmal, dass Madeleine und Jo.Ann bei uns Zuhause sind und hoffen, dass wir ein wenig mehr Schlaf finden als in der letzten Nacht.

JO.ANN

Heute Nacht [2.19 Ortszeit] ist unsere Tochter JO.ANN [49 cm / 3180 g] geboren. Wie schon bei den anderen Kids war es auch dieses Mal eine schnelle und unkomplizierte Geburt. Mutter & Kind & Geschwister und natürlich auch der Vater sind wohlauf.


Madeleine ist momentan noch im Krankenhaus zur "Überwachung" und wird vermutlich am späten Nachmittag nach Hause dürfen. Dann starten wir unser Leben als fünfköpfige Familie und blicken gespannt in die Zukunft. Ben.Lucas erster Kommentar war als er hörte, dass es ein Mädchen ist: "Dann bekommen wir bald noch einen kleinen Jungen." Naja, mal abwarten. Jetzt freuen wir uns erst einmal riesig an JO.ANN.

Sonntag, 11. März 2012

Regen

Mitte des südafrikanischen Sommers und gleichzeitig auch der südafrikanischen Regenzeit sah es so aus, als wolle einfach kein Regen fallen. Unser See verlor mehr und mehr Wasser, das Melusi-Bohrloch versiegte und einige Städte begannen schon, das Wasser zu rationieren.
Man kann nicht wirklich sagen, dass sich die Situation grundlegend geändert hat. Aber immerhin regnet es nun wieder etwas und die Lage entspannt sich langsam. Vor allem die Farmer, aber auch die vielen Familien in den Townships, die auf ihren kleinen Garten angewiesen sind, hoffen nun, doch noch eine halbwegs vernünftige Ernte zu bekommen.


"Das ist der Bund, den ich für alle Zeiten mit euch und mit allen lebenden Wesen bei euch schließe. Als Zeichen dafür setze ich meinen Bogen4 in die Wolken. Er ist der sichtbare Garant für die Zusage, die ich der Erde mache. Jedes Mal, wenn ich Regenwolken über der Erde zusammenziehe, soll der Bogen in den Wolken erscheinen." [1.Mo 9.12-1]

Donnerstag, 8. März 2012

Alarm für Cobra ...

Heute Nachmittag gab es in Melusi "Schlangenalarm". Dies kommt zwar nicht all zu oft vor, doch kann es hin und wieder passieren, dass Schlangen bei uns auftauchen. Und heute war es nicht irgendeine Schlange, sondern eine große und gefährliche Cobra.
Das Gute in solchen Fällen ist, dass unsere Residents schnell zur Hand sind und sich voller Eifer auf Schlangenjagd begeben. So brachte einer einen großen Hammer, mit dem dann ein Stein aus einer Mauer geschlagen wurde, hinter dem sich die Cobra versteckt hatte. Doch als der Stein endlich raus war, konnten wir außer einem Loch nichts entdecken. Scheinbar war sie im Loch verschwunden. Das Einzige was uns übrig blieb, war das Loch mit Steinen zu verschließen. Dies tat unser Resident dann auch. Doch während er noch dabei war, stieß er plötzlich mit seinem Arm an etwas, was sich nicht wie ein Stein anfühlte. Es war die Cobra. Sie hatte sich tot gestellt und war zwischen den Steinen kaum zu erkennen. Als sie merkte, dass wir sie entdeckt hatten, ist sie schnell in einen nahegelegenen Keller geflohen. Dort fühlte sie sich sicher. Doch schnon fünf Minuten später hatte unser Resident sie aufgespürt und mit einem kleinen Speer erlegt. Wie gut, dass wir unsere Männer hier haben.


Montag, 5. März 2012

Baby shower

Baby shower hat nichts - wie der Name es vielleicht vermuten lässt - mit Duschen des Babys zu tun, sondern ist eine Überraschungsparty für die Mutter wenige Wochen vor der Geburt ihres Kindes. Dieser Brauch, der ursprünglich aus den USA kommt, ist unter den Weißen in Südafrika sehr beliebt.
So wurde Madeleine am Samstag von einer Freundin zum Mittag eingeladen und fand sich dann plötzlich auf ihrer Party wieder. 15 Frauen aus der Gemeinde - Männer sind zu einem Baby shower nicht eingeladen - warteten schon auf sie. Neben Kaffee & Kuchen gab es vor allem Geschenke für unser Baby. Keine schlechte Erfindung.

Samstag, 3. März 2012

Baby shower

Madeleine ist soeben zu ihrem "Baby shower" [zu dt. Babydusche] abgeholt wurden. Was sich dahinter verbirgt? Ihr dürft gern raten, bei Wikipedia nachschauen oder einfach auf die Auflösung warten.

Freitag, 2. März 2012

Sport frei

Heute war großer Sporttag in der Vorschule. Alle Kinder wurden mit Bussen in die Dundee High School gefahren und durften dort das Rugby-Stadion benutzen. Es war eine große Party, zu der auch wir Eltern eingeladen waren. In der Einladung stand, dass es neben den unterschiedlichen Kinderrennen ein 100 m Rennen für Mütter und Väter und ein Väter-Huckepackrennen geben sollte - so hatte ich [Stephan] es jedenfalls verstanden. 
Voller Enthusiasmus habe ich daher gestern gemeinsam mit Ben.Luca trainiert, wie wir beide am schnellsten unterwegs sein können. Doch zu meiner Enttäuschung musste ich feststellen, dass es sowohl kein 100 m Rennen für die Väter gab und das angebliche Huckepackrennen ["fathers back race"] stellte sich als Sackhüpfen der Väter heraus ["fathers bag race"]. Naja, ich hatte die Einladung nicht richtig gelesen und Sackhüpfen ist nun halt nicht meine Paradedisziplin.


Ungeachtet meiner Enttäuschung hatten die Kinder eine Menge Spass. Elisa.Joy ist voller Begeisterung mitgelaufen und hat die ganze Atmosphäre sichtlich genossen. Es war echt schön zu sehen, wie sie nun mit den unterschiedlichen Kindern ihrer Gruppe spielt und keine Berührungsängste gegenüber den schwarzen Kids mehr hat.
Ben.Luca dagegen ist noch völlig verspielt und hat sich von dem ganzen Treiben nicht verückt machen lassen. Während seine Gruppe die Rennen verfolgte, hat er immer wieder für sich rumgeturnt und ist auf und ab gesprungen. Bei den Rennen hat er dann oft gar nicht richtig verstanden, was er machen sollte und ist den anderen einfach hintergelaufen. Naja, das müssen wir noch mal trainieren. Sport frei.