Sonntag, 28. Oktober 2012

Ganz der Vater

 "Ganz der Vater." Diese Worte hörten wir immer wieder als unsere Kinder beim großen Jahreskonzert ihres Kindergartens auftraten. Vor allem Elisa.Joy wußte als etwas zu stark geschminkte Ballerina zu überzeugen. Sie saß für alle gut sichtbar in der ersten Reihe, sang voller Begeisterung mit und strahlte den ganzen Abend. Als sie dann endlich tanzen durfte, staunten viele nicht schlecht wie elegant sie über die Bühne schwebte. "Ganz der Vater."


Aber wahrscheinlich war mit diesem Spruch eher Ben.Luca gemeint, der als lustiger Frosch auf die Bühne durfte. Mit seiner viel zu großen Froschmütze, die ihm meistens zu tief im Gesicht hing, bestand seine Aufgabe darin, fröhlich über die Bühne zu springen. Dies hat er dann auch voller Begeisterung gemacht. Ganz der Vater eben.


Donnerstag, 25. Oktober 2012

Streik

Seit über drei Monaten ist das vorherrschende Thema in den südafrikanischen Schlagzeilen der Streik von verschiedenen Gewerkschaften. Angefangen hat alles mit dem Streik der Goldminenarbeiter. Dabei kam es zu heftigen Ausschreitungen mit der Polizei, bei denen es mehr als 40 Tote gab. Daraufhin haben auch andere Branchen angefangen zu streiken: die Truckfahrer, Kohlearbeiter, Reifenindustrie ...
Selbst in Dundee haben in der letzten Woche Arbeiter der Kohleminen gestreikt. Auch hier kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, da die Arbeiter gleich mit Knüppeln bewaffnet zum Streik eintrafen. 
Die Forderung aller Gewerkschaften ist eine deutliche Lohnerhöhung, was bei den minimalen Löhnen der Arbeiter auch zu verstehen ist. So verdienen die Minenarbeiter in Dundee nur zwischen 350 - 550 € monatlich. Doch während man in Deutschland um vielleicht 5% Lohnerhöhung kämpft, fordern die Gewerkschaften hier eine Verdopplung oder Verdreifachungen des Gehaltes. 

In allem Streit zwischen den Gewerkschaften und den großen Firmen gibt es dabei noch eine politische Brisanz. Im Dezember stehen die Wahlen zum Vorsitz der ANC - regierende Partei in Südafrika - an. Da es kaum eine starke Opposition gibt, wird der ANC Vorsitzende bei den nächsten Präsidentschaftswahlen auch Präsident Südafrikas.
Der amtierende Präsident Jacob Zuma möchte gern wiedergewählt werden und versucht mit allen Mitteln eine Einigung zwischen den Streik- und Streitparteien herbeizuführen. Doch der aufgrund von politischer Hetzerei gefeuerte Präsident der Youth League der ANC Julius Malema versucht wiederum, mit allen Mitteln die Situation eskalieren zu lassen. Er hetzt regelmäßig die Arbeiter auf, motiviert sie an ihren unrealistischen Forderungen festzuhalten und gibt sich als ihr großer Retter aus. Sein Ziel dabei ist, den amtierenden Präsidenten zu stürzen und selber an die Macht zu kommen.

Auch wenn sich die Streiksituation in den meisten Minen des Landes etwas beruhigt hat, die Truckfahrer wieder fahren und auch in Dundee wieder gearbeitet wird, so weiß man doch nicht genau, was bis zur ANC Wahl im Dezember noch so alles passieren wird.

Montag, 22. Oktober 2012

Recycling

Montag ist der Tag, an dem die städtische Müllabfuhr kommt, um unsere Mülltonnen zu entleeren, in denen sich vom Biomüll über Plastik, Glas und Papier bis hin zu Elektroschrott alles befindet. Alle Tonnen werden gesammelt und kurz nach 7.00 Uhr am Morgen vor das Haupttor gebracht. Doch noch bevor die Müllabfuhr vorbei kommt, werden die Tonnen von einigen Leuten auf Brauchbares und Nützliches durchsucht. Vor allem Plastikflaschen und Joghurtbecher sind beliebt, da sie bei einem naheliegenden Hilfsprojekt gegen Molkereiprodukte eingetauscht werden können. Aber auch alle anderen Dinge, die noch halbwegs in Ordnung sind, werden mitgenommen. 
Der afrikanische Weg von Recycling und Wiederverwertung. 
Jeden Montag wird uns dadurch ziemlich deutlich vor Augen gestellt, wie privilegiert wir sind. Es ist beschämend zu sehen, wie Leute durch unseren Abfall wühlen, wie Leute so bedürftig sind, dass sie vor unseren Augen unseren Müll nach etwas Brauchbaren durchsuchen.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Ich habe das nicht gewußt

"Ich habe das nicht gewußt, dass Leute so leben." Diesen Satz oder ähnliche Kommentare hören wir immer wieder, wenn wir Gäste mit zum Besuch unserer Familien nehmen. Gut nachvollziehbar ist es, wenn zum Beispiel Europäer dies sagen. Doch zu meiner Überraschung höre ich dies auch oft von Südafrikaner. 



Seit drei Wochen unterstützt uns bei unseren wöchentlichen Besuchen eine Frau, die selber in einem Township wohnt und dort über ein recht gutes Haus verfügt. Sie lebt nur zwei Kilometer von dem Dorf entfernt, dass sie mit uns besucht und ihr Sohn geht in einen Kindergarten, der direkt an das Dorf angrenzt. Und doch sagte sie mir gestern auf meine Frage, welche Eindrücke sie von unseren Besuchen hat: "Ich habe das nicht gewußt, dass Leute so leben."

Leider ist dies kein Einzelfall. Oft habe ich den Eindruck in Südafrika, dass die Not des Nächsten nicht gesehen wird oder man sie bewußt nicht sehen will. Man lebt in seiner eigenen Welt, ohne die Welt des anderen überhaupt wahrzunehmen - auch wenn sie sich so unmittelbar vor der eigenen Haustür befindet.
"Ich habe das nicht gewußt, ..."

Montag, 15. Oktober 2012

Geduld

Geduld ist etwas, was wir momentan immer wieder neu erlernen. Vor drei Wochen haben wir begonnen unsere Küche und unser Esszimmer vorzurichten. Dafür waren eigentlich zwei Wochen vorgesehen - wie wir dachten, mehr als genug Zeit. Doch wie so oft, dauerte alles viel länger und unsere Geduld war gefragt. Auf der einen Seite mussten wir geduldig sein mit den Männern, die in unserem Haus arbeiteten. Manchmal haben sie so unsauber gestrichen, dass es jemand anderes brauchte, der die Sache wieder ausbesserte, um dabei wieder woanders drüber zu streichen, was eigentlich schon fertig war ...
Auf der anderen Seite wurde unsere Geduld duch das Farbengeschäft ziemlich auf die Probe gestellt, da sie trotz großer Versprechungen nicht in der Lage waren, die rechte Farbe zu mischen. So waren wir zum Teil viermal am Tag bei ihnen, um am Ende annähernd das zu bekommen, was wir uns vorgestellt hatten.
Dies ist aber nun endlich geschafft und wir konnten am Wochenende wieder unsere Küche einräumen. Nun sieht es nicht nur viel schöner, heller und sauberer aus, sondern wir haben auch eine Menge über Geduld gelernt. Aber bestimmt nicht das letzte Mal.

Montag, 8. Oktober 2012

Endlich 4

Gestern war es nun endlich soweit und Ben.Luca hatte Geburtstag. Die letzten Tage hat er sehr darauf hingefiebert und sich riesig gefreut als sein Tag dann endlich da war. Ganz stolz und auch etwas verlegen stand er im Gottesdienst als die Gemeinde für ihn "Happy Birthday" gesungen hat. Voller Freude hat er Freunde aus dem Kindergarten zu seiner Party empfangen. Begeistert hat er mit ihnen Topfschlagen, Eierlaufen, Wasserpistole und Fangen gespielt. Doch das Schönste am Geburtstag war für ihn sein neues Fahrrad. Er tut sich noch etwas schwer, damit zu fahren. Aber das wird bald, denn jetzt ist er ja 4 Jahre. Endlich.


Freitag, 5. Oktober 2012

Es geht wieder los

Nachdem wir unser HIV/Aids Care.Centre in den letzten Wochen geschlossen hatten, um dringend erforderliche Renovierungen durchzuführen, geht es ab nächster Woche wieder los. Da unser letztjähriger Care.Giver Kurs im August die einjährige "Ausbildung" abgeschlossen hatte, starten wir nun mit neuem Personal. Für sie gab es diese Woche einen Einführungskurs, um sie mit den wichtigsten Grundlagen vertraut zu machen. Wie ist der menschliche Körper aufgebaut, wo befinden sich welche Organe, wie hilft man einem Patienten beim Anziehen, wie fährt man einen Rollstuhl ... Erfahrungsgemäß muss man diese Dinge im Laufe des Jahres noch mehrmals wiederholen, doch unsere neuen Leute haben so wenigstens schon mal davon gehört. 
Am Dienstag kommen dann die ersten beiden Patienten. Wir freuen uns schon auf sie. Es wird Zeit, dass es wieder losgeht.

Montag, 1. Oktober 2012

Was lange währt ...

Schon seit längerem gab es die Idee, für unsere Residents - obdachlose Männer - ein Langzeitwohnprojekt anzubieten. Männern, die sich in ihrer Zeit in Melusi super entwickelt und ein Zuhause hier gefunden haben, wollten wir die Möglichkeit bieten, langfristig bei uns zu wohnen. Wie gesagt, die Idee gab es schon länger, doch am Wochenende ging es nun endlich los.


René und Frans - beide sind schon seit mehr als zwei Jahre bei uns - durften in ihre eigene Wohnung ziehen. Eine eigene Küche, eine eigene Dusche, keine ständig wechselnden Zimmerkollegen, selber entscheiden, was man zum Frühstück oder Abendbrot essen möchte, die Freiheit, einkaufen zu gehen, wann man möchte ... Eine ganze Menge Privilegien sind damit verbunden. 
Doch sind die beiden Männer auch viel mehr gefordert und bekommen deutlich mehr Verantwortung als die Residents. Es ist für sie ein großer Schritt und für uns eine große Freude, zu sehen, wie sie sich in den letzten Monaten entwickelt haben und sich nun über ihr neues Zuhause freuen. Was lange währt wird endlich gut.