Mittwoch, 15. September 2021

Legal illegal

Bevor Bheki nach Melusi kam, "wohnte" er für knapp zwei Jahre in einem großen Krankenhaus unserer Nachbarstadt. Wie er dort hinkam, weiß er heute nicht mehr. Wahrscheinlich wurde er bewußtlos gefunden und eingeliefert. Als es ihm besser ging, konnte man ihn nicht einfach entlassen, da er keinen Wohnsitz hatte. Da die Suche nach seinen Verwandten ergebnislos blieb, wurde er schließlich durch einen Sozialarbeiter nach Melusi gebracht. Nun wohnt er schon seit vier Jahren bei uns und gehört förmlich zu unserer Melusi Familie. Von seiner eigenen Familie hingegen fehlt weiterhin jede Spur. Er behauptet zwar, dass er noch einen Bruder hat, doch trotz vieler Versuche, konnten wir bisher nichts herausfinden. Angeblich war sein Vater Südafrikaner und seine Mutter aus Swaziland, wo er auch geboren wurde. Irgendwann ist er dann mit seinem Vater und seinem Bruder über die "grüne" Grenze nach Südafrika gekommen.

Baba Joseph hat eine ähnliche Geschichte. Er wurde vor 1,5 Jahren von der Polizei in der Nähe von Dundee "aufgelesen" und nach Melusi gebracht. Keinen festen Wohnsitz, keine Verwandten mehr. Angeblich ist er von Zuhause weggelaufen, als alle seine Familienangehörigen gestorben sind. Aus Angst, dass auch er sterben wird, hat er sich dann aufgemacht. Wann genau das war, kann er sich nicht mehr erinnern. Er hat uns nur davon erzählt, dass er aus einer bekannten Stadt in einem benachbarten Bundesland kommt. Sein Haus wäre dort, wo die großen Bäume stehen.

Da sowohl Bheki wie auch Baba Joseph über keine offiziellen Dokumente verfügen, haben wir über Monate - bei Bheki seit mehreren Jahren - versucht, ihnen über die Behörde eine Geburtsurkunde und einen Personalausweis zu besorgen. Da sie aber noch nie im System registriert waren, ging es lange Zeit keinen Schritt vorwärts. Doch vor kurzem wurden sie dann tatsächlich zu einem Interview in die Behörde eingeladen. Eine spezielle Kommission kam nach Dundee, um offizielle Dokumente für diejenigen zu genehmigen, die noch nie welche hatten. Dies betrifft vor allem viele ältere Menschen aus ländlichen Regionen.

So sind wir gemeinsam mit Bheki und Baba Joseph und viel Hoffnung zu dem Termin gegangen, auf den wir so lange gewartet hatten. Doch schon nach wenigen Minuten war klar, dass sich unsere Hoffnung nicht erfüllt. Da Bheki in Swaziland geboren wurde und seine Mutter von dort kommt, wurde sein Antrag sofort abgelehnt. Dies hatten wir irgendwie schon befürchtet. Die Überraschung kam dann aber als Baba Joseph vor der Kommission auch plötzlich davon sprach, dass er eigentlich aus Swaziland kommt und genauso wie Bheki vor Jahren über die "grüne" Grenze nach Südafrika kam. Damit hatten sich natürlich all unsere Hoffnung erledigt.

Nun sind beide Männer offiziell als illegale Einwanderer eingestuft. Sie werden damit keine südafrikanischen Dokumente bekommen und nie eine Rente oder andersweitige Unterstützung erhalten. Wie es aber für sie nun weitergeht, bleibt fraglich. Eigentlich müssten sie deportiert werden. Doch dies würde viel Arbeit und Recherche erfordern und die dafür zuständige Behörde ist wirklich nicht für gute Arbeit bekannt. Wir wurden nun aufgefordert, uns mit dieser Behörde in Verbindung zu setzen und ihnen Druck zu machen. Doch passieren wird höchstwahrscheinlich nichts. Solange sie in Melusi wohnen, sind sie doch gut aufgehoben und stören keinen. Von daher wird sich da auch keiner groß bemühen. So werden sie auf absehbare Zeit legal illegal bleiben.