Sonntag, 29. September 2019

Schön [und] kalt

Nachdem die letzten Wochen für uns sehr anstrengend waren und es für Stephan kaum mal einen Tag Pause gab, haben wir die Frühlingsferien der Kinder genutzt, um ein paar Tage mit unserem Zelt in die Berge zu fahren. Waren die Tage vorher noch extrem warm, kühlte sich leider das Wetter mit unserer Ankunft schlagartig ab. Zum Ende unserer kurzen Auszeit, kam zwar die Sonne wieder heraus, doch wurden dafür die Nächte umso kälter und ungemütlicher.
Nichtsdestotrotz waren die Tage für uns eine gute Möglichkeit, mal komplett abzuschalten, Zeit als Familie zu haben, die wunderschöne Natur zu genießen und etwas Erholung zu finden. Mal keinen Streit zwischen unseren wohnungslosen Männern schlichten, kein permantes Klopfen an der Tür, keine Drogenabhängigen, die nach Hilfe suchen, kein Handyempfang und Internet, keine kaputten Wasserleitungen, die repariert werden müssen, kein Gottesdienst, der vorbereitet werden muss ... dafür Zeit zum Auschlafen und Geschichten lesen mit den Kindern, Zeit zum Wandern und ums Feuer sitzen. Wir haben die Tage genossen. Es war schön [und] kalt. [mehr Bilder gibt es hier]

Blick von unserem Campingplatz

Dienstag, 17. September 2019

Ungebetene Gäste

Normalerweise freuen wir uns über jeden Gast, der nach Melusi kommt. Doch in den letzten Wochen hatten wir fast regelmäßig ungebetenen nächtlichen Besuch auf unserem Gelände. Alles, was nicht irgendwie ein- oder angeschlossen war, wurde mitgenommen: Gartenstühle, Gartenschlauch, Gasflasche, Leitern, Stahlträger ... Als es irgendwie nichts mehr weiter gab, wurde dann der Spinat aus dem Gemüsegarten geplündert. 
Irgendwann hatten wir genug und starteten unseren eigenen Melusi Security-Service. Jede Nacht patrouillieren nun zwei unserer Residents. Schon in der ersten Nacht gab es wieder ungebetene Gäste. Dreimal versuchten zwei junge Männer, in unseren Gemüsegarten zu gelangen. Es war fast so, als hätten sie jemandem Spinat versprochen. In den nächsten Nächten wurde es dann etwas ruhiger. Für die meiste Aufregung sorgte einer unserer eigenen Männer, der schon nach dem Abendbrot vom Gelände verschwand und mitten in der Nacht wieder über den Zaun kletterte.
Als sich die "Sicherheitslage" schon etwas zu beruhigen schien, bekamen wir dann doch plötzlich wieder ungebetenen Besuch. Freitag Nacht konnten unsere Sicherheitsleute einen jungen Mann fassen, der unter dem starken Einfluß von Drogen versuchte, etwas Brauchbares in Melusi zu finden. Da es oft dauert bis die Polizei auf Anrufe reagiert und vorbeikommt, haben wir ihn kurzerhand mit vier Leuten in unser Auto "geladen" und sind selber zur Wache gefahren. Gerade als wir ihn übergeben hatten, rief mich ein weiterer Resident an und meldete noch mehr ungebetene Gäste. Sofort sprangen wir ins Auto und rasten gemeinsam mit der Polizei nach Melusi. Als wir ankamen, waren die vier Besucher schon wieder über den Zaun gesprungen. Doch kamen sie nicht weit und wir konnten sie ganz in der Nähe von Melusi stellen. Alle unsere Besucher durften das Wochenende auf der Polizeiwache verbringen und wurden am Montag wieder freigelassen. Da einige von ihnen wahrscheinlich ganz in unserer Nähe wohnen, sind wir nun mal gespannt, wie viele ungebetene Gäste wir in nächster Zeit haben werden.

Montag, 9. September 2019

Zwei von sieben

"Ich möchte mein Leben ändern." Diese Worte können wir ehrlich gesagt kaum noch hören. Immer wieder stehen Drogenabhängige vor unserer Tür und bitten inständig um Hilfe. Waren es früher vor allem wohnungslose Alkoholiker, die nach Melusi kamen, kommen heute mehr und mehr junge Männer zu uns, die drogenabhängig sind. Vor allem Heroin und ein "verunreinigtes, billiges Straßenheroin" sind zu einem Riesenproblem in Südafrika geworden. [siehe auch "Whoonga Boys" und "Echte Veränderung"]
Die staatlichen Hilfsangebote sind überaus überschaubar. Die Krankenhäuser bieten keinen Entzug an und auf einen Drogenrehaplatz muss man monatelang warten. Private Drogenrehas sind für die meisten Männer viel zu teuer und so ist Melusi für viele Männer eine gute Chance, von Drogen freizukommen und ihr Leben zu ändern.
Anfang letzter Woche haben wir sieben neue drogenabhängige Residents aufgenommen. Sie kamen von Dundee, Ladysmith [70km], Newcastle [80km] und Durban [300km] - offenbar hat es sich herumgesprochen, dass Melusi Hilfe anbietet. Alle Männer hatten den gleichen Wunsch: "Ich möchte mein Leben ändern."
Doch schon am nächsten Tag rannten die ersten beiden wieder weg. Die Entzugserscheinungen und die damit verbundenen Schmerzen wollten sie nicht ertragen. Zwei Tage später ging der nächste aus dem gleichen Grund und am Wochenende mussten wir zwei der Sieben wegschicken, da sie in der Nacht über unseren Zaum abgehauen und rückfällig geworden sind.
Die erste Woche - zugegebenermaßen die schwierigste Woche - haben nur zwei von sieben Männern geschafft. Und einer auch nur, weil wir ihm eine zweite Chance gegeben haben. Es ist manchmal ziemlich frustrierend und wir wünschen uns, dass deutlich mehr Drogenabhängigen wirklich ihr Leben ändern möchten. Doch wissen wir auch, dass es für sie ohne Gottes Hilfe und sein Erbarmen kaum möglich ist, von Drogen freizukommen, ihr Leben zu ändern und neue Hoffnung zu finden.