Sonntag, 26. Februar 2012

Dass du das extra für mich machst

Gestern war Elisa.Joy´s großer Tag. Sie wurde fünf und war deswegen schon die ganze Woche aufgeregt und beschäftigt. Um ihre Freunde von der Vorschule einzuladen, hatte sie extra Einladungskarte gebastelt. Auch Ben.Luca bekam eine eigene. Am Freitag wurde dann mit Madeleine Muffins und Kekse gebacken. Elisa.Joy meinte am Ende: "Mama, ich bin so glücklich. Dass du das extra für mich machst. Mit rosa Herzen und allem."
Zur Party kamen sechs Kinder und hatten eine Menge Spass auf dem Trampolin, im Planschbecken, beim Eierlaufen oder Topfschlagen. Typisch Kindergeburtstag. 
Doch für uns das Schönste war, zu sehen, wie Elisa.Joy ihren Tag genossen hat und sich über die einzelnen Dinge von ganzem Herzen freuen konnte: "Mama, danke dass du das extra für mich machst."

Donnerstag, 23. Februar 2012

Ultraschall & Privatklinik

Immer wieder stellen wir fest, wie privilegiert wir in Deutschland gelebt haben und welche Privilegien wir auch hier erfahren - einfach aufgrund der Tatsache, dass wir finanziell besser gestellt sind als viele Südafrikaner. Augenscheinlich ist dies vor allem im medizinischen Bereich. 
Ein Freund aus der Gemeinde ist ein hochangesehener Privatarzt. Seine Praxis ist nur 800 m von uns entfernt und im Notfall kommt er auch direkt bei uns vorbei und bringt uns die entsprechende Medizin gleich noch mit. Da es in Dundee keinen Frauenarzt gibt, geht Madeleine auch regelmäßig zur Vorsorge zu ihm. Diese fällt keineswegs schlechter aus als in Deutschland, da unser Arzt ein Ultraschallgerät besitzt. Obwohl wir dies alles über unsere deutsche Krankenkasse mit etwas Bürokratie abrechnen könnten, behandelt er uns völlig kostenfrei. Dies ist sein Beitrag zur Unterstützung der Mission. Was für ein Privileg.
Zur Geburt selber werden wir ins Krankenhaus gehen, welches auch nur 1,2 km entfernt ist. Dort haben wir uns schon auf der Privatstation angemeldet. Unser Freund aus der Gemeinde oder ein anderer Privatarzt wird dann vor Ort sein. Viel besser könnten wir es in Deutschland auch nicht haben.

Doch viele Südafrikaner - dies betrifft vor allem die Schwarzen - können von so einer Versorgung nur träumen. Die meisten besitzen keine Krankenversicherung und sind dadurch auf die Basisversorgung durch die staatlichen Ärzte und Krankenhäuser angewiesen. Dies bedeutet oft stundenlanges Warten und überforderte Ärzte. Um so viel wie möglich Patienten behandeln zu können, gibt es Pauschalbehandlungen. Von regelmäßiger Schwangerschaftsvorsorge oder gar Ultraschall ist gar keine Rede. Oft wird nur der verpflichtende HIV-Test durchgeführt. Das nächste Mal sieht man sich dann zur Geburt. Dies betrifft natürlich nur die Mütter, die ein Krankenhaus in ihrer Nähe haben. 

Sonntag, 19. Februar 2012

Mutterschutz

Heute vor genau einem Jahr sind wir vier Barthels in Melusi angekommen. Und schon bald steht eine weitere Ankunft ins Haus. Denn in ca. fünf Wochen gibt es fünf Barthels in Melusi. Es geht nun in die heiße Phase und Madeleine ist seit einigen Tagen im Mutterschutz. Sie konnte ihre Aufgaben im Care.Centre gut übergeben und ist nur noch sporadisch im Einsatz. Dies gibt ihr etwas Zeit, die letzten Sachen für´s Baby vorzubereiten und auch innerlich etwas Abstand von der Arbeit zu bekommen.


Die letzten Monate wurden zunehmend arbeitsintensiver und Madeleine hatte wirklich guten Kontakt zu den Patienten und Care.Givern. Vor allem das Anleiten der Care.Giver war eine Herausforderung, hat aber auch unwahrscheinlich viel Freude gemacht. Die intensivsten Momente gab es oft beim Begleiten von Sterbenden. Denn mehr als 20 unserer Patienten sind im letzten Jahr gestorben. Viele von ihnen noch sehr jung. Doch nun übernehmen andere diese Aufgaben und Madeleine darf sich auf etwas ganz anderes vorbereiten: die Geburt unseres dritten Kindes.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Kein Regen - kein Essen

Am Sonntag wird es ein Jahr, dass wir in Melusi sind [vorher waren wir zwei Wochen in Durban]. Wenn wir uns jetzt unsere Bilder von den ersten Tagen hier anschauen, dann stellen wir vor allem einen Unterschied fest: Letztes Jahr war alles viel grüner und unser See war fast bis zum Rand gefüllt. Doch dieses Jahr ist von vielem Wasser und saftigem Grün nichts zu sehen. Es regnet einfach nicht.
Normalerweise ist der südafrikanische Sommer die Jahreszeit, in der der meiste Regen fällt. Ab April hört es dann wieder auf zu regnen und es bleibt bis in den September hinein trocken. Doch dieses Jahr ist die Regenzeit bisher ins Wasser gefallen. Was für die meisten Menschen in Europa wahrscheinlich wenig Auswirkungen hätte, gefährdet hier schnell die Lebensgrundlagen vieler. Vor allem die Menschen in den Townships sehnen sich nach Regen. Oftmals haben sie ihren kleinen eigenen Garten, um wenigstens etwas anzubauen und nicht alles teuer einkaufen zu müssen. Doch aufgrund der Trockenheit wächst natürlich nichts. Letzte Woche haben uns daher verschiedene Familien angefragt, ob wir bitte für Regen beten könnten, denn sie wissen bald nicht mehr, was sie essen sollen. Kein Regen - kein Essen.

Melusi-See Februar 2011
Melusi-See Februar 2012
Melusi-See Februar 2012

Sonntag, 12. Februar 2012

Alles vorbei mit 25 ?

Gareth [25 Jahre] kam Ende September letzten Jahres zu uns. Er war wohnungslos, seinen Vater hat er nie kennen gelernt, seine Mutter wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, da er fünf Jahre im Knast war und das Projekt, wo er vorher wohnte, hat ihn auch mehr oder weniger vor die Tür gesetzt. Kein Zuhause, keine Familie, keine Perspektive.
Er hat sich schnell bei uns wohlgefühlt und seinen Platz gefunden. Und doch merkte man, dass er es eigentlich nie gelernt hatte, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Auch von Drogen konnte er nicht so wirklich lassen und hat immer wieder Dagga [südafrikanische Variante des Marihuana] nach Melusi gebracht und geraucht.


Anfang Dezember wurde er positiv auf HIV getestet. Seine Blutwerte waren erschreckend schlecht und mit einem Mal mußte er sich auch noch mit dem Thema Tod auseinander setzen. In seiner ganzen Verzweiflung wollte er eigentlich nur Eins: zurück nach Hause, zurück zu seiner Mutter. Dies hat er dann auch versucht - mit viel Hoffnung. Ein großer Hilfeschrei nach Liebe. Doch seine Mutter hat ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihn nicht mehr haben will. Kein Zuhause, keine Familie, keine Perspektive. Das einzig Positive: sein HIV-Test.
Dies hat dazu geführt, dass er wieder stärker anfing, Drogen zu nehmen. Mir [Stephan] blieb damit gar nicht anderes übrig als ihm letzte Woche mitzuteilen, dass er Melusi verlassen muss - in dem Wissen, dass wir ihn auf die Straße setzen und dass, wenn er so weiter macht, er aufgrund seiner Krankheit des Ende des Jahres nicht erleben wird. 
Es dauerte nur wenige Tage bis er wieder anfragte, ob er zurück kommen darf. Doch anstatt ihn wieder bei uns aufzunehmen, haben wir einen Kontakt zu einer christlichen Drogenreha hergestellt. Seit gestern Abend ist er nun dort und wir sind sehr gespannt, was aus ihm wird. Wir wünschen ihm so sehr, dass sein Leben mit 25 Jahren noch nicht zu Ende ist und dass er ein Zuhause, eine Familie und eine Perspektive für sein Leben findet.

Donnerstag, 9. Februar 2012

Traurige Nachrichten

Letzte Woche gab es die nächtliche Überraschung, dass Vukile - eine unserer Patientinnen im Care.Centre - für uns alle überraschend einen kleinen Jungen zur Welt gebracht hat. Sie hatte ihre Schwangerschaft bis zuletzt verschwiegen. Warum sie dies tat, konnten wir leider nicht erfahren.
Da sowohl die Mutter, wie auch das Baby gesundheitlich so schwach waren, mußten sie im Krankenhaus bleiben und konnten nicht zu uns ins Care.Centre zurückkommen. Madeleine wollte trotzdem den Kontakt zu ihnen halten und sie regelmäßig besuchen. Doch leider wird es dazu nun nicht mehr kommen. Am Montag ist - eine Woche nach der Geburt - der kleine Junge verstorben und gestern mit 23 Jahren auch Vukile. Sie hinterläßt zwei kleine Kinder, die nun ohne ihre Mutter und höchstwahrscheinlich auch ohne wirklichen Vater aufwachsen müssen.

Dienstag, 7. Februar 2012

Kinderschwimmen

Während Europa bibbert und im Schnee versinkt, genießen wir fast täglich Temperaturen von 35° im Schatten. Glücklicherweise dürfen wir das Schwimmbecken der High School in Dundee nutzen und können somit, wann immer wir Zeit haben, uns abkühlen. Dies entwickelt sich für uns gerade voll zum Familiensport: Mama und vor allem Papa schwimmen ihre Bahnen und die Kids eifern uns voller Freude nach. 


Damit Elisa.Joy und Ben.Luca bald auch allein ihre Bahnen ziehen können, gehen sie nun für die nächsten Wochen zum Kinderschwimmen. Das Ganze findet in einem privaten Pool statt und für unsere beiden Kids stehen zwei Lehrer zur Verfügung. Jede Einheit dauert nur 20 Min, aber in dieser Zeit werden sie kräftig gefordert. Wir sind mal gespannt, ob sie am Ende des Kurses wirklich auch allein Schwimmen können.

Samstag, 4. Februar 2012

Einjähriges

Heute vor genau einem Jahr - am 04. Februar 2011 - sind wir in Südafrika gelandet. Für uns ein besonderer Tag, von dem vieles in Erinnerung bleibt: Der letzte gemeinsame Nachmittag für eine lange Zeit mit unseren Eltern, der leuchtende Kleinwachauer Tannenbaum auf dem Weg zum Flughafen, der Abschied von unseren Eltern, Geschwistern und Freunden in Dresden, der lange Nachtflug von Frankfurt nach Johannesburg, der verpaßte Anschlussflug nach Durban, das schwül-heiße Klima am Indischen Ozean, das Ankommen in der WEC-Zentrale, das Abkühlen und Entspannen im Pool ...
Doch nicht nur der Abschied aus Deutschland und das Ankommen in Südafrika waren besonders, sondern auch das gesamte letzte Jahr. Im Rückblick sind wir sehr dankbar für das, was wir erleben durften, für das gute Einleben in einer neuen Kultur, für die Arbeit, in die wir uns einbringen können und für das neue Zuhause und die Gemeinschaft, die wir hier in Melusi gefunden haben.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Nächtliche Überraschung

Wieder einmal gab es eine nächtliche Überraschung. Als Madeleine gestern früh ins Care.Centre kam, "fehlte" eine Patientin. Vukile, 23 Jahre und seit einem Monat bei uns, hatte am Abend vorher über heftige Bauchschmerzen geklagt, die auch durch Schmerztabletten nicht weggingen. Die Care.Giver [einheimische Pflegekräfte] haben daraufhin Madeleines Kollegin gerufen, die an dem Tag Bereitschaft hatte. Als sie kam und merkte, dass sie auch nicht helfen konnte, haben sie Vukile in der Nacht ins Krankenhaus gefahren. 
Dort kam dann die große Überraschung: Plötzlich fing unsere Patientin an zu reden und erklärte, dass das Blut in ihrer Hose nicht durch ihre Periode verursacht wurde, sondern dass sie im 9. Monat schwanger sei. Die Krankenschwestern konnten sie schnell noch auf die Entbindungsstation bringen und wenige Minuten später brachte Vukile schon ihr drittes Kind zur Welt. Ein kleiner Junge. 1530 Gramm. Wahrscheinlich eher 7. Monat.
Die Mutter war bis zuletzt so dünn, dass es kein Mitarbeiter des Care.Centres mitbekommen hat, dass sie schwanger ist. Auch hat sie es - bis es nun wirklich nicht mehr zu Verheimlichen ging - niemandem davon erzählt. Auch wenn dies wie eine Geschichte zum Schmunzeln klingt, hat das Schweigen der Mutter Konsequenzen, die eher zum Heulen sind. Ihr Junge ist nun auch HIV-positiv. Hätte man schon eher von der Schwangerschaft gewusst, hätte man die Medikamente umstellen und damit die Übertragung des Virus auf das Baby verhindern können.