Sonntag, 30. Oktober 2011

Mit Gottes Augen sehen

Am Montag habe ich [Stephan] eine Teamandacht zum Thema "Menschen mit Gottes Augen sehen" gehalten. Irgendwie hat mich dieses Thema dann selber die ganze Woche beschäftigt und so habe ich immer wieder gebetet: "Gott, hilf mir zu sehen, was du siehst." Mitte der Woche habe ich mich dann entschieden, über das gleiche Thema auch heute im Gottesdienst zu predigen. Ich fühlte mich schon ganz gut vorbereitet und dachte, es wird mir nicht schwer fallen, darüber zu reden.
Doch dann kam der Freitag und ich war plötzlich stark herausgefordert, Menschen mit Gottes Augen zu sehen. Ich hatte mitbekommen, dass einige "meiner" Männer sich Marihuana besorgt hatten und dies heimlich rauchten. Am Donnerstag bin ich dann in ihr Zimmer, habe das Zeug heimlich mitgenommen und es am Freitag vor der ganzen Gruppe verbrennen lassen. Eigentlich hätten die Betroffenen gleich gehen können. Doch wollte ich ihnen eine zweite Chance einräumen, wenn sie mir ehrlich erklären, wer das Zeug besorgt hat und wer mit involviert war. So hatte ich dann anschließend eine Menge Gespräche. Einer der Jungs log aber konsequent und stand damit vor dem Rauswurf. Leider ist er mir dann aber zuvorgekommen. Er hat noch einen anderen überredet gemeinsam abzuhauen - nicht aber mit leeren Händen. So fehlten plötzlich Werkzeuge, ein Radio und ein Paar teure Turnschuhe.
Als ich dies erfuhr war ich ziemlich ärgerlich. Ich bemühe mich um sie, komme ihnen entgegen, gebe ihnen eine zweite Chance, um dann festzustellen, dass sie mein Vertrauen gnadenlos ausnutzen. Was bedeutet es in diesem Moment, Menschen mit Gottes Augen zu sehen?
So habe ich heute vor allem zu mir selber gepredigt und werde in den nächsten Tagen wahrscheinlich noch öfters beten: "Gott, hilf mir zu sehen, was du siehst."

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Jetzt knallt´s.

Knaller und Raketen Ende Oktober? Gestern Abend und vor allem heute knallt´s in Dundee. Zuerst dachten wir einige Jugendliche freuen sich zu sehr auf Silvester. Doch nun wissen wir, dass die Hindus eines ihrer bedeutendsten Feste feiern [Lichterfest] - wie Weihnachten und Silvester zusammen.
Generell sind wir erstaunt, wie viele indischstämmige Einwohner es in Dundee gibt. Ihre Vorfahren wurden Mitte des 19. Jahrhunderts ins Land geholt, um vor allem auf den Zuckerrohrfeldern in unserer Region zu arbeiten. Bis heute leben die Inder bevorzugt in Durban und Umgebung und prägen - obwohl sie zahlenmäßig eine Minderheit darstellen - das Stadtbild. So gibt es fast keinen der ca. 15 kleinen Baumärkte in Dundee, der nicht Indern gehört. Auch ein Großteil der Möbelläden und "Autohäuser" sind fest in ihrer Hand. Daher verfügen die meisten indischstämmigen Südafrikaner über einiges an Geld und können es heute ordentlicher krachen lassen.

Sonntag, 23. Oktober 2011

14.165 km

Wir haben unsere ersten Übernachtungsgäste in Südafrika bekommen. HURRA, denn wir lieben es Gäste zu empfangen. Der Besuch war für uns dann aber doch etwas überraschend.
Joseba & Corinne sind auf ihrem Weg von der Schweiz nach Kapstadt - per Fahrrad. So kamen sie nach 14.165 Anfahrtsweg auch durch Dundee und haben nach einer Kirche oder Mission gefragt, wo sie übernachten können. Irgendwie sind sie dann bei uns gelandet und haben ihr Zelt in unserem Garten aufgeschlagen.
Wir haben es genossen spontan Gastgeber zu sein und auch die Kinder waren begeistert. Ben.Luca meinte nach ihrer Weiterfahrt, dass sie doch wirklich "nettlich" waren.


Wer mehr von unseren neuen Freunden und ihrem Weg nach Kapstadt lesen möchte, darf gern ihren Blog besuchen. Wirklich beeindruckend.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Zweifelhaftes Kompliment

Gestern hatten wir wieder vom Kindergarten Besuch. Normalerweise fahren wir einmal in der Woche in den Township und gestalten ein Programm. Doch aller 2 Monate kommt die ganze Gruppe nach Melusi. Dies ist für die Kids immer ein absoluter Festtag. Sie haben oft ihre besten Sachen an, freuen sich schon lange vorher darauf und genießen dann den Spielplatz und das tolle Gelände, das Basteln und das Malen, die Geschichte und die Spiele und nicht zuletzt unseren Kuchen.


Doch die Kids und auch Nomkosi - die Kindergärtnerin - genießen vor allem die Zeit mit uns Mitarbeitern. Denn für viele der Schwarzen ist es leider - ca. 20 Jahre nach Ende der Apartheid - immer noch etwas Besonderes, Weiße als Freunde zu haben. Egal, ob im Gespräch mit Weißen oder Schwarzen, man merkt oft, dass die Vergangenheit noch lange nicht überwunden ist. Als ich [Stephan] die Kids dann wieder nach Hause fuhr, wußte ich auch nicht, ob ich mich wirklich darüber freuen sollte, als mir Nomkosi sagte: "Ihr Weißen von Übersee seid so anders als die Weißen von Südafrika."

Sonntag, 16. Oktober 2011

Der Jesus vom Krankenhaus

Da saß er nun. Einsam wartend vorm Krankenhaus. Sein Gesicht gebräunt von der Frühlingssonne. Seine Kleidung zerschlissen. Seinen ganzen Besitz in einer kleinen Sporttasche. Offensichtlich ein Mann von der Straße.
Wir waren gerade auf unserem Sonntagsspaziergang - auf dem Weg zum Spielplatz. Doch sein Gesicht ließ mich nicht los. Es schien so vertraut und irgendwie überhaupt nicht fremd. Meine Gedanken waren bei diesem Mann und mein Blick wanderte immer wieder vom Spielplatz zum Krankenhaus. Doch mit einem Mal war sein Platz leer. Er war nicht mehr zu sehen. Vermutlich weitergezogen. Auf der Suche nach einem Schlafplatz für die Nacht. Warum hatte ich ihn bloß nicht gleich angesprochen?
Während wir weiterspielten, lief er plötzlich über den Spielplatz. In der einen Hand seine Sporttasche, in der anderen einen Zigarettenstummel - aufgehoben von der Straße. Ich sprach ihn an und fragte, wo er hingeht. "Zu meinem Schlafplatz, zu meinem Baum." war seine Antwort und plötzlich erkannte ich ihn. Es war ein ehemaliger Resident. Vor einem halben Jahr war er für ein paar Tage bei uns. Und nun war er wieder in der Stadt. 
Ich lud ihn. Und er kam. Nun ist er wieder bei uns. Der Jesus vom Krankenhaus. Denn wie sagte Jesus doch: "Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben, ich war fremd und ihr habt mich bei euch aufgenommen." [Die Bibel / Matthäus 25.35]

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Afrikababy

Seit nun über drei Monaten beschäftigt uns als Familie - und speziell Madeleine - eine Sache "zunehmend": WIR ERWARTEN NACHWUCHS - Ende März werden wir unser drittes Kind bekommen. Nach aktuellem Stand und laut Ultraschall ist alles bestens mit unserem AFRIKABABY. Auch Madeleine geht es nach den ersten etwas anstrengenden Wochen wieder besser. 
Elisa.Joy und Ben.Luca sind total happy, spielen nun noch öfter Vater-Mutter-Kind und freuen sich riesig darauf. Uns geht es genauso, auch wenn ich [Stephan] nicht wie die Kids Madeleines T-Shirt im Laden hochziehe, um das Baby zu streicheln. 
Als Elisa.Joy das Ultraschallbild gesehen hatte, wurde sie etwas nachdenklich und fragte: "Bekommen wir nun ein schwarzes und kein weißes Kind?" Doch dies konnten wir ihr gut erklären und so freuen wir uns nun als Familie auf unser weißes AFRIKABABY.


Freitag, 7. Oktober 2011

Geburtstag

Das, worauf Ben.Luca seit Wochen hingefiebert hatte, war heute endlich soweit: sein 3. Geburtstag. Mit frischgestylten Haaren - ganz der Papa - konnte er dann seine Geschenke entgegennehmen: eine Schubkarre, einen Rechen und einen Akkuschrauber - die perfekte Ergänzung zu seinen Werkzeug und alles, was man als Bauarbeiter braucht - ganz der Opa.


Am Nachmittag war Kindergeburtstag angesagt - mit allem, was dazu gehört: Geburtstagskuchen, "Sprudelsaft", Marchmallows, Topfschlagen und aufgedrehten Kids. Zum Abendbrot kam dann auf ausdrückliche Einladung von Ben.Luca das gesamte Mitarbeiterteam. Ben.Luca genoß den ganzen Tag über die Aufmerksamkeit, die er bekam, rannte permanent mit seinem Akkuschrauber herum und war einfach nur glücklich und zufrieden. Ein schöner Tag - nicht nur für ihn.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Wohnwagenmann

Heute habe ich [Stephan] einen ehemaligen Resident in der Statd besucht. Er hat vor drei Monaten eine Arbeit in einem Supermarkt gefunden. Dort ist er nun verantwortlich den gesamten Müll des Lagers zu entsorgen und ordentlich aufzuräumen - nicht unbedingt die beste Arbeit und absolut untypisch, dass diese Arbeit ein Weißer tut. Leider ist sein Gehalt auch super gering [ca. 175 € monatlich], so dass er sich keine eigene Wohnung leisten kann. Daher wohnt - oder besser gesagt - haust er nun in einem alten, heruntergekommen und dreckigen Wohnwagen. 
In den letzten Tagen ging es ihm nicht so gut und er war nicht auf Arbeit. Da wir dies mitbekommen haben, bin ich heute einfach mal bei ihm vorbei gefahren. Es war mein erster Besuch im Wohnwagen. Er hat sich gefreut mich zu sehen, auch wenn er doch recht überrascht war. Viel hat er geschimpft über seine Arbeit, über die Schwarzen und die Inder, die ihn als Weißen behandeln wie einen Schwarzen und und und. 
Doch plötzlich fing er an, aus seiner Vergangenheit zu erzählen - von seiner größten Schuld, die er vor 15 Jahren begangen hat und an die er bis heute jeden Tag denken muss. Nie zuvor hat er uns gegenüber dies erwähnt oder überhaupt über seine Vergangenheit geredet. Unser Gespräch bekam dadurch eine ganz andere Tiefe und ich konnte am Ende für ihn beten.
Nächste Woche will er seinen Job kündigen und am liebsten weit weglaufen. Doch seine Probleme werden ihn verfolgen. So hoffe und bete ich, dass GOTT ihn findet und er Vergebung und Frieden erfahren kann.