Mittwoch, 20. Juli 2022

Alan ist wieder gegangen

"Alan ist wieder gegangen" lautete vor ein paar Tagen eine Nachricht im Melusi Chat. Obwohl wir nun schon einige Wochen in Deutschland sind und langsam Abstand von Melusi bekommen, hat mich [Stephan] diese Nachricht doch getroffen. Hunderte Männer haben wir in unseren Jahren in Melusi begleitet, an hunderten Schicksalen Anteil genommen. Dabei wurden wir unzählige Male enttäuscht und durften doch immer wieder erfahren, wie Männer durch ihre Zeit in Melusi gesegnet worden und neue Hoffnung fanden.

Hoffnung war das, was Alan gar nicht mehr hatte als er im Februar nach Melusi kam. Er lebte seit über 30 Jahren auf der Straße, hatte jeglichen Kontakt zu seinen Angehörigen abgebrochen, wurde regelmäßig überfallen und ausgeraubt und strahlte überhaupt kein Leben mehr aus. Alan war nur noch Haut und Knochen. Schon lange hatte er nicht mehr richtig gegessen. Er lebt von Abfällen oder dem, was Leute ihm aus Mitleid gaben. Alan hatte alle Würde und Hoffnung verloren. 
Seine ersten Tage bei uns waren für ihn eine echte Qual. Er litt unter Entzug und es strengte ihn an, permant von Menschen umgeben zu sein. Er wollte allein sein und seine gewohnte Freiheit auf der Straße "genießen". Das einzige Mal, dass ich Alan in dieser Zeit lächeln sah, war als er mir sagte, dass er wieder geht. Alles würde gut, er bräuchte ja nur vor Einbruch der Dunkelheit einen Busch finden.

Schon wenige Wochen nachdem Alan Melusi verlassen hatte, klopfte er wieder an unserer Tür. Er war erneut ausgeraubt worden, hatte zum wiederholten Male alles verloren und war einfach müde. Wir gaben ihm eine neue Chance und dieses Mal veränderte sich etwas. Langsam kehrte Leben in ihn zurück und als MYC [Melusi Jugendkonferenz] lief, war Alan kaum wiederzuerkennen. Er sang voller Hingabe mit, sammelte fleißig Müll ein und schien sogar, richtig Freude daran zu haben. Hoffnung und Zuversicht kehrte in sein Leben zurück. 

Kurz vor unserem Abschied sprachen wir über seine Gedanken, noch etwas in Melusi zu bleiben und dann einen Platz in einem Altersheim zu suchen. Alan klang zufrieden und hoffnungsvoll - was für eine Veränderung. Doch nun - nur wenige Wochen später - ist Alan wieder gegangen, doch nicht wie erhofft in ein Altersheim, sondern zurück auf die Straße. Den wirklichen Grund kennt keiner und wir können nur erahnen, welche enorme "Anziehungskraft" sein gewohntes Leben auf der Straße für ihn hat.

Alan's Geschichte steht exemplarisch für viele unserer Männer. Die Zeit in Melusi tut ihnen unwahrscheinlich gut, Dinge beginnen sich in ihrem Leben zum Guten hin zu verändern und doch ziehen viele irgendwann in ihrer gewohnten Weise weiter oder werden rückfällig. Dies ist nicht immer einfach auszuhalten. Dies zu verstehen und zu akzeptieren fällt schwer, hatten wir doch so viel Hoffnung für sie. Wir hatten doch so oft für sie gebetet und Gott um ein Wunder angefleht.
 
In all diesen Jahren ist mir sehr bewußt geworden, dass trotz aller Mühe und allem Einsatz es nicht in unserer Kraft liegt, Menschen grundlegend zu verändern. Dies kann nur Gott. Nur Er kann vergeben, nur Er kann die Wunden der Vergangenheit heilen, nur Er kann Versöhnung ermöglichen, nur Er kann neue Hoffnung schenken, nur Er kann inneren Frieden geben - nur Er kann. 
Unsere Berufung in allem ist es, den Menschen und vor allem den "Geringsten" in Gottes Liebe zu begegnen, ihnen treu zu dienen, barmherzig und gnädig mit ihnen zu sein und sie zu einem Leben mit Jesus einzuladen. "Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern und Schwestern, das habt ihr mir getan."[Die Bibel / Matthäus 25.40]
Der Rest liegt in Gottes Hand. Ihm vertrauen wir. Was Er in unseren Männern angefangen hat - auch in Alan -, wird Er zu seinem Ziel führen - in Melusi oder woanders.

Freitag, 8. Juli 2022

Melusi Website

Melusi hat eine neue Website und es lohnt sich definitiv, dort mal vorbeizuschauen: www.melusi.com