Donnerstag, 28. Juni 2012

Im richtigen Moment

Normalerweise kann ich [Stephan] von meinem Platz an unserem Esstisch aus "meine" Männer gut beobachten. Doch da es gestern relativ kalt war und wie üblich die Kälte durch alle Fenster zog, haben wir zum Frühstück die Gardine zugezogen. Während des Essens fiel mir plötzlich etwas ein und ich bat Madeleine die Gardine aufzumachen, so dass ich nachsehen konnte. Doch was ich genau in dem Moment sah, war nicht das, was ich eigentlich sehen wollte: Einer unserer Männer hatte seine Sachen gepackt und wollte abhauen. Er hatte am Samstag beim Ausgang in der Stadt kräftig getrunken. Obwohl er von uns eine zweite Chance bekommen hat, wollte er nun einfach nur weg - aus Scham. Er war fast die letzten sechs Monate bei uns gewesen und hat sich echt super gemacht. Wir waren gerade dabei ihm mehr und mehr Verantwortung in unserem Gartenprojekt zu geben und nun dies.
Schnell bin ich losgerannt und konnte ihn vor dem Tor noch abfangen. Es hat sich dann ein sehr langes und intensives Gespräch entwickelt, zu dem dann auch noch unser Pastor dazukam. Plötzlich konnten wir super über Scham reden, über Vergebung und über das, was es bedeutet aus der Gnade Gottes zu leben. Am Ende haben wir für ihn gebetet und nicht nur ihm standen die Tränen in den Augen. 
Er ist dann geblieben, obwohl er zuerst fest entschlossen war, Melusi zu verlassen und wieder auf die Straße zurück zu kehren. So wollte er bewusst unseren Pastor und mir aus dem Weg gehen. Doch manchmal kann man selbst eine Gardine im richtigen Moment aufmachen.

Sonntag, 24. Juni 2012

Alles hat ein Ende

Nach etwas mehr als drei Monaten konnten wir am Wochenende wieder in unser Schlafzimmer einziehen. Begonnen hatte alles ein paar Tage nach der Geburt von Jo.Ann als wir nur mal schnell ein paar Fliesen im Bad reparieren lassen wollten. Das Ergebnis war, dass letztendlich alle Fliesen von der Wand kamen und das Bad einmal gründlich renoviert wurde. Da es nur über unser Schlafzimmer zu begehen ist, sind wir lieber gleich in unser Gästezimmer umgezogen. Als das Bad vor ca. 2 Wochen dann endgültig fertig war, haben wir noch das Schlafzimmer mit streichen lassen. Nun sieht alles sehr schön aus und vor allem gibt es erst einmal keinen Dreck mehr im Haus - jedenfalls bis zur nächsten Baustelle.

Dienstag, 19. Juni 2012

Ein Lächeln

Ein Lächeln sagt oft mehr als tausend Worte. Manchmal ist es aber auch die einzige Möglichkeit, ins "Gespräch" zu kommen. So zum Beispiel für Clement, einem Patienten unseres HIV/Aids Care.Centres. Aufgrund eines Schlaganfalles kann er nicht mehr reden. Er versteht Zulu, Englisch und Afrikaans, doch selber sprechen ist nicht mehr drin. Er versucht es, doch mehr als ein paar kaum verständliche Laute kommt nicht über seine Lippen.


Doch dafür kann er lächeln und so seine Freude zum Ausdruck bringen. Und dies macht er dann auch. Er freut sich über jeden Besuch, jede Aufmerksamkeit, die man ihm entgegen bringt, er genießt die tägliche Andacht, den sonntaglichen Gottesdienst und fühlt sich einfach sehr wohl bei uns. Clement ist ein besonderer Mann, der die Atmosphäre im Care.Centre kräftig prägt. Manchmal sagt ein Lächeln wirklich mehr als tausend Worte.

Sonntag, 17. Juni 2012

Küssen verboten

Vielleicht nicht gleich verboten, aber Küssen, in den Arm nehmen, Streicheln und andere Zärtlichkeiten kommen gegenüber Kindern in der Kultur der Zulus eigentlich nicht vor. Die Mutter, große Schwester oder Oma trägt das Kind - mit einem Handtuch oder einer Decke auf dem Rücken festgebunden - bis es selber laufen kann. Danach kommen körperliche Berührungen nur noch beim Ermahnen oder Bestrafen vor. Liebevolles Streicheln, ein Ich-mag-dich Kuss oder eine freudige Umarmung: alles Fehlanzeige. Auch mit Worten wird dem eigenen Kind nicht gesagt, dass man es lieb hat oder sich an ihm freut.
Aber natürlich sehnen sich die Kids auch nach Bestätigung und körperlicher Nähe. Eindrücklich dürfen wir dies jedes Mal erleben, wenn wir sie besuchen gehen. Das Highlight des Nachmittages ist für sie, in den Arm genommen oder von uns getragen zu werden. Kleine Gesten, die für diese Kinder eine Menge bedeuten.


Dienstag, 12. Juni 2012

Es brennt wieder

Es brennt schon wieder. Doch dieses Mal nicht in unserem alten Obstgarten - der von jemandem absichtlich angezündet wurde - sondern in unserem kleinen Ofen. Denn seit einigen Tagen ist nun wirklich der Winter eingezogen in Süadafrika. Auch wenn es tagsüber in der Sonne locker 20° werden kann, so kühlt es sich doch schnell ab, wenn die Sonne sich verabschiedet. In der Nacht haben wir momentan Temperaturen um den Gefrierpunkt und es ist davon auszugehen, dass es noch etwas kälter wird. 
Auch wenn wir in luxeriösen Verhältnissen wohnen - jedenfalls wenn wir unser Haus mit vielen Hütten im Township vergleichen - so zieht doch die Kälte durch jedes Fenster und jede Tür. Isolation kennt man nicht und Zentralheizung scheint von einer anderen Welt zu sein.
Wer sich keinen Gasheizer leisten kann, der friert halt oder zündet sich ein offenes Kohlefeuer im Haus oder seiner Hütte an. Auch wenn unser altes Haus einige Nachteile hat, so besitzt es doch zu unserer großen Freude einen kleinen Ofen. Da er seit Jahren nicht mehr in Betrieb war, wußte keiner ob er überhaupt noch funktioniert. Doch seit gestern brennt er wieder.

Freitag, 8. Juni 2012

On Fire

Kurz vor 22.00 Uhr klingelt es an unserer Haustür. Ziemlich ungewöhnlich um diese Uhrzeit. Als ich die Stimme eines Residents hörte, dachte ich zuerst es gibt Stress in den Zimmern und ich darf jetzt die Gemüter beruhigen. Doch die Männer waren alle ruhig, die meisten schliefen schon. 
Der Grund des nächstlichen Besuchs war, dass jemand Feuer über unseren Zaun geworfen und damit unseren alten Obstgarten in Brand gesteckt hat. Da ein kräftiger Wind blies, gab es ein ordentlicher Lagerfeuer gestern Nacht. Doch gerade als die Flammen auf den Rest von Melusi übergreifen wollten, drehte der Wind und das Feuer beruhigte sich wieder. GOTT sei Dank.

Montag, 4. Juni 2012

Zahltag

Als ich heute Geld abheben wollte, erlebte ich eine böse Überraschung. Egal, zur welcher Bank ich auch fuhr, überall erwartete mich eine lange Schlange von Menschen, die alle das gleiche Ziel hatten: Anfang des Monats ist Zahltag und unglaubliche viele Leute, drängeln sich vor den Banken, um endlich ihre Rente oder ihre staatliche Unterstützung [vor allem für besonders bedürftige Kinder oder für HIV Patienten] abzuholen. Es sind umgerechnet nur etwas mehr als 100 Euro, doch für viele muss es für einen ganzen Monat reichen.

"Courier" - Lokalzeitungs Dundee
Doch oft reicht es auch nicht und so bilden sich auch vor den so genannten Cash Loans lange Schlangen. Hier kann man sich relativ einfach Geld leihen, indem man seine nächste Rente oder staatliche Unterstützung als Pfand angibt. Die Zinsen sind unverschämt hoch, doch die Not der Leute - und oft auch fehlende Bildung - spielt den Geldverleihern in die Hände. So hat sich zum Beispiel ein ehemaliger Resident von uns für drei Wochen ca. 80 Euro geliehen. Am Ende "durfte" er dann knapp das Doppelte zurückzahlen. Das nennt man dann Zahltag.