Dienstag, 7. August 2018

Siyamthanda


Siyamthanda [Mitte] mit 5 Jahren
Die singenden und tanzenden Jugendlichen in ihren schwarzen T-Shirts mit den großen goldenen Buchstaben MYC (Melusi Youth Conference = Melusi-Jugendkonferenz) sind nicht zu übersehen. Sie ziehen mit lauter Musik durch die Straßen der Townships von Dundee und laden zur Jugendkonferenz in Melusi* ein. Wo sie hinkommen, lassen sich andere Jugendliche von ihrer Begeisterung anstecken. Schon bald ist das MYC-Lied überall auf den Straßen zu hören.
Als die Konferenz endlich beginnt, drängen sich bis zu 500 Jugendliche in dasgroße weiße Zelt auf dem Gelände der Melusi-Gemeinschaft. Sie singen, tanzen, hören gespannt bei den Zeugnissen und Predigten zu, sind tief bewegt von einem Theaterstück, machen gern bei den Spielen zwischen den Gottesdiensten mit und freuen sich, dass es für alle tolles Essen gibt. Es herrscht eine unglaubliche und überwältigende Atmosphäre. Gott ist spürbar da.

Eine der begeisterten Jugendlichen ist die zwölfjährige Siyamthanda. Obwohl auf der Einladung ausdrücklich „ab 14 Jahre“ steht, ist sie mit etlichen gleichaltrigen Freunden gekommen und hat sich unter die vielen Jugendlichen geschmuggelt. „MYC“ ist der alljährliche Höhepunkt in Melusi, und den möchte Siyamthanda auf keinen Fall verpassen, auch wenn sie erst zwölf ist. Schon als kleines Kind kannte sie die Leute von Melusi; nun will sie endlich zu den „Großen“ gehören.
So lange Siyamthanda sich erinnern kann, kommt wöchentlich ein Team von Melusi nach Dlamini, ihre kleinen Hüttensiedlung ohne Strom und fließend Wasser am Rande von Dundee. Dlamini ist ein Ort der Enttäuschten. Die meisten Leute zogen aus ländlichen Gegenden nach Dundee, um Arbeit und Wohlstand zu finden. Doch nur wenige von ihnen haben es geschafft. Viele hausen in erbärmlichen Lehm- und Blechhütten, kämpfen ums Überleben, sind täglich der steigenden Kriminalität ausgesetzt und flüchten in Alkohol.
Siyamthandas Mutter war eine dieser Enttäuschten. Schon als Jugendliche fing sie an, täglich zu trinken. Auch als sie ihre vier Kinder bekam, änderte sich nichts daran. Für sie als alleinerziehende Mutter war der Alkohol die einzige Möglichkeit, den Kummer zeitweise zu vergessen. An vielen Tagen hatte sie nichts, was sie Siyamthanda, ihrer jüngsten Tochter, zu essen geben konnte. Zu allem Überfluss hatte sie Siyamthanda bei der Geburt mit ihrem HIV/Aids-Virus angesteckt. 
Von Hoffnung und Leben spricht in Dlamini schon langer keiner mehr – nur die Mitarbeiter von Melusi. Immer wieder besuchen sie Siyamthanda und ihre Mutter in ihrer kleinen Hütte, bringen ein Lebensmittelpaket vorbei und beten für sie. Siyamthanda liebt diese regelmäßigen Besuche, die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die sie durch das Melusi-Team erlebt, und das fröhliche Kinderprogramm mitten im Dorf. Für einen Nachmittag in der Woche kann sie einfach Kind sein, unbeschwert spielen, mit echten Stiften malen, vor Freude tanzen und singen, der lustigen Handpuppe zuhören, die von Jesus spricht, und mit den Mitarbeitern für ihre Familie beten.

Anfänglich noch oft betrunken, fängt Siyamthandas Mutter an, recht regelmäßig zu einer kleinen Bibelstunde in ihrer Nachbarschaft zu gehen. Ende 2015 nimmt sie Jesus als ihren persönlichen Retter an, hört auf zu trinken und wird Anfang 2016 in Melusi getauft. Von nun an kommt Siyamthanda fast jeden Sonntag gemeinsam mit ihrer Mutter nach Melusi zum Gottesdienst. Als es ihrer Mutter lange Zeit gesundheitlich nicht gut geht und sie zwischendurch wieder rückfällig wird, sucht Siyamthanda den Kontakt nach Melusi und drängt ihre Mutter, mit ihr in den Gottesdienst zu gehen.
Sie liebt den Melusi-Kindergottesdienst, die mitreißenden Musikvideos, die den Kindern helfen, Gott anzubeten, die spannenden und anschaulichen Geschichten aus der Bibel, die Spiele im Anschluss, den Spielplatz direkt neben der Kirche. Hier in Melusi, wo mittlerweile jeden Sonntag bis zu 150 Kinder zur Kids Church kommen, trifft sie ihre Freunde aus den anderen Townships. Zu ihnen gehören die vielen Jungen, die in den fünf Fußballmannschaften von „Melusi United“ spielen und regelmäßig zum Gottesdienst kommen, ebenso wie die Kinder, die jeden Sonntag extra aus der Nachbarstadt mit einem Kleinbus zu Melusi fahren. Für sie alle ist Melusi Kids Church ihr geistliches Zuhause geworden.

Doch auch sonst fühlt sich Siyamthanda schon lange in Melusi zuhause. Einmal im Jahr wird Melusi tatsächlich für ein Wochenende zu ihrem Zuhause – immer dann, wenn sie an einer der Kinder- und Jugendfreizeiten teilnimmt. Bis zu 60 Mädchen oder Jungen wohnen dann im Freizeitheim, genießen es, in einem eigenen Bett zu schlafen, gönnen sich eine warme Dusche, freuen sich über die regelmäßige Mahlzeiten und sind mit vollem Herzen und großer Begeisterung beim Programm dabei. Eigentlich geht es für Siyamthanda und ihre Freunde schon lange nicht mehr nur ums Programm. Das Gefühl, dazuzugehören, geschätzt zu werden, angenommen zu sein und so Gottes Liebe praktisch zu erfahren, ist für sie viel wichtiger geworden. Siyamthanda bedeutet: „Wir lieben dich“. Und genau das ist der Grund, warum sie – neben vielen anderen – Teil der großen Melusi-Familie geworden ist.

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