Samstag, 25. August 2018

Das ist alles nur gelogen

Michael - einer unserer Residents - hatte eine unglaubliche freundliche, hilfbereite und angenehme Art. Er war einer der Männer, der schnell das Vertrauen der anderen Mitbewohner und auch der Mitarbeiter gewann und der von allen hoch geschätzt wurde. Durch den Unfalltod seiner Frau und seiner einzigen Tochter zerbrach das Leben von Michael vor 3,5 Jahren innerhalb kürzester Zeit. Der Alkohol wurde sein neuer Begleiter. Doch seitdem er nach Melusi kam, schien Michael so richtig aufzublühen. In den letzten Monaten arbeitete er in unserer Küche und konnte damit sein Können als Koch super einbringen. Es war eine Freude, ihn zu sehen und sein Lebenswandel war für uns alle eine große Ermutigung. Endlich mal wieder ein Mann, der es geschafft hat. [Blog: "Frieden gefunden"]
Jedenfalls dachten wir dies. Doch vor wenigen Tagen stellte sich alles plötzlich als eine große Lüge heraus. Besucher, die von einer anderen Einrichtung für wohnungslose Männer nach Melusi kamen, erkannten ihn und erzählten uns einen anderen Teil seiner Geschichte. Schon vor sieben Jahren war er für mehrere Monate Gast in dieser Einrichtung. Auch dort erzählte er seine rührselige Geschichte vom angeblichen Unfalltod seiner Frau und Tochter. Auch dort gewann er schnell die Herzen und das Vertrauen der Verantwortlichen. Er kochte, erledigte die Einkäufe und brachte die Kinder mit einem Kleinbus zur Schule. Alles lief hervorragend - bis er eines Tages mit dem Auto abhaute und nicht wieder kam. 
Als wir Michael auf diesen Teil seiner Geschichte ansprachen, leugnete er alles ab. Ganz ruhig sprach er davon, dass dies alles ein großes Mißverständnis sei, er noch nie in dieser Einrichtung gewesen und zu dem angegebenen Zeitpunkt noch berufstätig war. Er wollte am nächsten Tag die Sterbeurkunde seiner Frau und einen Arbeitsnachweis für die letzten Jahre besorgen und damit alle Anschuldigungen entkräften. So machte er sich auf den Weg zu den entsprechenden Ämtern. Doch er kam nicht wieder zurück nach Melusi.
Als wir uns daraufhin mit seinem Bruder in Verbindung setzten, mussten wir hören, dass Michael in seiner eigenen Lügenwelt lebt. Seit Jahren ist er immer wieder mit der gleichen Geschichte unterwegs, sucht das Mitleid der Menschen, gewinnt durch seine freundliche Art schnell Vertrauen, übernimmt Verantwortung in Küchen und verschwindet von einem Tag auf den anderen Tag.
Das ist alles nur gelogen. Für uns ist dies nach wie vor ein großer Schock und wir haben uns selten so belogen und betrogen gefühlt. Und doch sind wir GOTT unendlich dankbar, dass die Geschichte aufflog, bevor Michael irgendeinen Schaden in Melusi anrichten konnte. Wir wünschen ihm von ganzem Herzen, dass GOTT ihn aus seiner Lügenwelt befreit und er in Wahrheit leben kann.

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