Samstag, 16. September 2017

Große Enttäuschungen

Die Woche hatte noch nicht richtig angefangen als mich ein ehemaliger Resident kontaktierte. Er schien in großen Problemen und brauchte jemanden zum Reden. Kurze Zeit später war ich bei ihm und er klagte mir sein Leid. Durch seine Spielsucht hatte er vor Jahren alles verloren und ist letztendlich in Melusi gelandet. 3,5 Jahre hat er bei uns gelebt, ist ein Teil der Gemeinschaft gewesen und hat in der Melusi Küche gekocht. Letztes Jahr hat er uns verlassen und bei Freunden in der Stadt eine Wohnung und Arbeit gefunden. Er war zufrieden und stand wieder auf eigenen Beinen. 
Bis diese Woche Montag. In den letzten drei Monaten hatte er wieder angefangen zu spielen. Um seine Sucht zu bezahlen hat er viel Geld von seiner Arbeit gestohlen und zum Teil auch von Kunden geliehen. Doch nun kam alles raus und ganz schnell stand er wieder vor dem Nichts. Seine Wohnung konnte er nicht mehr bezahlen, seine Arbeit und sein Auto hatte er verloren. Alles, was er sich mühsam über die letzten Jahre wieder aufgebaut hatte, brach innerhalb weniger Tage zusammen. 

Noch am selben Tag mussten wir einen Mann zur Rede stellen, der schon seit neun Jahrne in Melusi wohnt und praktisch zum Inventar gehört. Schon länger hatten wir die Vermutung, dass er sich an gewissen Dingen selber bedient. Aber nun gab es einen Beweis. Nach einem langen Gespräch haben wir ihm eine letzte Chance gegeben. Auch wenn er noch bei uns wohnt, so ist doch viel Vertrauen kaputt gegangen.

Mitten in der Woche dann die nächste Enttäuschung. Seit sechs Monaten lebte ein älterer Mann bei uns. Er wurde von seiner Familie nach Melusi gebracht, die keinen anderen Ausweg mehr wußten. Der Opa trank seit vielen Jahren Brennspiritus - viel günstiger als normaler Alkohol, dafür umso gefährlicher. Auch wenn unser Opa etwas eigen und einfach war, so schien er sich doch wohl zu fühlen in Melusi. Vor allem war er dankbar, endlich wieder ein sicheres und sauberes Zuhause zu haben. Etwas, was er über viele Jahre nicht mehr hatte.
Doch wie vom Blitz getroffen, packte er am Donnerstag plötzlich sein Koffer und rannte förmlich davon. Er wollte einfach nur weg und sah mit seinen alten Klamotten und seinem Koffer aus wie einer von der Olsenbande. Doch leider verlief das ganze nicht so witzig. Am Abend sammelte die Polizei ihn betrunken von der Straße auf und brachte in wieder zurück nach Melusi. Doch noch bevor Sonnenaufgang lief er wieder weg, betrank sich und lebt seitdem auf der Straße. Morgen will seine Familie vorbeikommen und ihn mitnehmen. Hoffentlich lässt er sich darauf ein.

Leider war es damit noch nicht vorbei. Ein ehemaliger Drogenabhängiger, der seit 1,5 Jahren in Melusi wohnte und clean war, fing in den letzten beiden Wochen wieder an, Drogen zu nehmen. Zuerst ganz unbemerkt. Doch mit der Zeit verstrickte er sich immermehr in Lügen und konnte seine Sucht nicht mehr verheimlichen. Nachdem er die letzten Tage verschwunden war, kam er heute vorbei, um seine Sachen abzuholen. Es war eine traurige Angelegenheit, da er doch noch vor kurzem auf einem guten Weg war.

Es war eine deprimierende Woche. Jedenfalls in Bezug auf unsere Männer. In den letzten Monaten durften wir viele positive Erfahrungen machen und Lebensveränderung und Neuanfänge sehen. Doch die letzten Tage waren sehr enttäuschend.

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