Donnerstag, 26. April 2012

Beschneidung

Obwohl ca. 75% der Südafrikaner sich als Christen bezeichnen würden, so sind doch viele der Schwarzen zugleich noch sehr in dem traditionellen Ancestor Worship [Ahnenverehrung] verhaftet. Es gilt, sich mit den Geistern der Verstorbenen gut zu stellen, da nichts im Leben - egal ob gut oder böse - passiert, was die Geister nicht beeinflussen. Dies bedeutet, dass man oft mit allen Mitteln versucht, die Geister abzuwehren, umzustimmen, zu besänftigen oder zu manipulieren, da man ihnen ausgeliefert ist. Eine wichtige Rolle im Umgang mit den Geistern spielen dabei Rituale, die in verschiedenen Lebenssituationen vollzogen werden. Diese Bräuche können aber von Clan zu Clan sehr unterschiedlich sein.


So haben wir vor kurzem bei einem unserer wöchentlichen Besuche einer Familie festgestellt, dass ihr jüngstes Kind [7 Monate] zehn Schnittwunden im Gesicht hatte. Auf unser Nachfragen hin wurde uns erklärt, dass es sich dabei um einen traditionellen Brauch handelt, der das Kind vor allem Möglichen oder auch Unmöglichem schützen soll. Auch würde es gegen Einnässen in der Nacht und andere Probleme in der Entwicklung des Kindes helfen. Dass man mit diesem Brauch vor allem die Ahnengeister beeinflussen wollte, dieses Kind zu beschützen, wurde nicht offen ausgesprochen.
Die Beschneidung selber wird nicht von den Eltern, sondern durch einen traditionellen Geistheiler durchgeführt. Dabei werden dem Kind verschiedene Schnitte im Gesicht zugeführt, deren Narben selbst noch bei Erwachsenen gut sichtbar sind. Das ausströmende Blut wird aufgefangen und mit Kuhmist verrührt. Dieser wird dann wiederrum auf das Gesicht und die Wunden aufgetragen. Zum Schluß nimmt man den Kuhmist wieder ab und vergräbt ihn unter dem eigenen Haus.


Was für uns unfassbar klingt und eigentlich nicht nachvollziehbar ist, ist eine Realität im Leben vieler Südafrikaner. Auch wenn Südafrika zu einer der aufstrebenden Nationen zählt und eigentlich so gut wie jeder Schwarze an Gott glaubt, erfahren wir doch mehr und mehr, wie tief verwurzelt und gefangen die Bevölkerung in ihren Glauben an die Geister der Verstorbenen ist.

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